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Ein Warnschuss für die leichteren Jungs - Brandenburgs Plan eines lockeren Jugendarrests stößt auf Kritik

Von Marion Kaufmann. Potsdam - Sie haben geklaut, Mitschüler bedroht, geprügelt oder randaliert. Für den Knast ist ihr Vergehen zu gering, für eine bloße Verwarnung zu wenig. Im Jugendarrest sollen Brandenburger Problemjugendliche geläutert werden. Mit sanfter Hand und vielen Gesprächen. "Wir wollen die Jugendlichen bei ihrem Ehrgefühl packen", erklärt Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) den gestern vom rot-roten Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zum Jugendarrest. Doch Kritiker wie der bekannte Jugendrichter Andreas Müller bezweifeln, dass der weiche Weg junge Täter von der schiefen Bahn wegführt. Denn eine Strafe im juristischen Sinne ist der Jugendarrest nicht. "Die Jugendlichen haben viele Freiheiten", erklärt Markov. Anders als im Gefängnis dürfen sie ihre eigene Kleidung tragen, Kontakte nach außen halten, standardmäßig Einzelzimmer bewohnen. Restriktionen wie Bücherentzug oder Besuchsverbote soll es nicht geben, dafür Sportangebote und regelmäßige Gesprächsrunden mit Therapeuten. Obwohl viele der Jugendlichen auch Schulverweigerer sind, ist im Arrest kein Unterricht vorgesehen.

Ein vom Staat auferlegter Hausarrest ohne Hausaufgabenpflicht, so könnte man die Maßnahme beschreiben. Richter können das "Zuchtmittel" für 14- bis 18-Jährige für maximal vier Wochen anordnen. Ziel: Das Unrechtsbewusstsein schärfen, zusammen mit anderen Jugendhilfeeinrichtungen Perspektiven nach dem Arrest aufzeigen und so die Rückfallquote senken. Bundesweit liegt sie derzeit bei 60 bis 70 Prozent. Im Vorjahr kamen insgesamt 290 Jugendliche in den einzigen Brandenburger Jugendarrest in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald). Im Schnitt war die Anstalt mit zehn Insassen gleichzeitig belegt. Rund 30 Prozent haben Diebstähle begangen, rund 13 Prozent einfache Körperverletzungsdelikte. 30 Prozent saßen wegen der Nichterfüllung gerichtlicher Weisungen oder Auflagen. Während die Grünen und die FDP den Brandenburger Resozialisierungsansatz zumindest dem Grundgedanken nach begrüßen, hält die Union an ihrer Kritik fest. "Das ist ein ideologischer Kuschelarrest", sagt der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum.

Um potenzielle Opfer zu schützen, müssten die Jugendlichen die Strafe auch spüren. "Jugendliche Straftäter lassen sich nicht durch Dialogforen und Kletterkurse von weiteren Straftaten abschrecken." Auch der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller hält wenig von "Sozialromantik". "Wenn Jugendliche mir sagen, das Essen im Arrest war gut und sonst war es langweilig und gar nicht so schlimm, dann kann das auch dazu führen, dass der Rückfall größer wird", sagte er in einem MAZ-Interview. Müller hatte sich gemeinsam mit der 2010 gestorbenen Neuköllner Jugendrichterin Kirsten Heisig für schnelle und härtere Sanktionen gegen junge Täter eingesetzt.

"Derzeit vergehen mindestens drei Monate nach der Tat, ehe der Arrest überhaupt vollzogen wird", kritisiert auch die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Linda Teuteberg. Für Minister Markov liegt der Ball zunächst bei den Richtern. "Sie entscheiden über das Strafmaß, über Arrest oder Haft." Eine Gesetzeslücke mache es den Richtern aber schwer, beklagt Jurist Müller: Der härtere Jugendstrafvollzug im Gefängnis kann nur mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten verhängt werden. Der Arrest wieder endet spätestens nach einem Monat. Zur Abschreckung würde er Jugendliche gerne kürzer in den Knast oder länger in den Arrest schicken.

In einem Punkt beugt sich Markov aber der Kritik. Brandenburg wird nun endgültig keinen eigenen neuen Jugendarrest bauen, sondern die Jugendlichen künftig in Berlin unterbringen. "Die Gespräche stehen kurz vor dem Abschluss", so Markov. Ursprünglich sollte nach Plan seines Vorgänger Volkmar Schöneburg (Linke) kommenden Monat in Königs Wusterhausen der Bau einer neuen Anstalt mit 25 Plätzen beginnen. Derzeit sind die Jugendlichen dort in Containern untergebracht. Geschätzte Kosten für einen Neubau: 5,2 Millionen Euro.Die gesparten Baukosten müssten nun in die Arbeit im Arrest investiert werden, fordert die Opposition. Um mit den Jugendlichen präventiv arbeiten zu können, brauche man genug Fachpersonal. Der Landtag muss dem neuen Arrestgesetz noch zustimmen.

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 19.03.2014

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