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Das geheime Grab von Oehna - Opfer einer Gewaltaktion von Sowjetsoldaten sollen nach 60 Jahren würdig beerdigt werden

Der kalte Nieselregen verstärkt sich zusehends an diesem Dienstagmorgen am Bahnhof Oehna. Henrik Schulze, Stadtchronist von Jüterbog, wartet auf die Oehnaer Karlheinz Niendorf und Magnus Möbius. Auch Oliver Breithaupt vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge und der Umbetter Joachim Kozlowski sind eingeladen. Der Grund für die Zusammenkunft: Einige fast vergessenen Toten, die vor mehr als 60 Jahren auf einem Grundstück im Ortsteil Bahnhof verscharrt wurden, sollen endlich eine würdige Ruhestätte finden.

Schulze hat sich dieses Zielt bereits seit Jahrzehnten gesetzt. Bisher stieß er dabei bei der Gemeinde Niedergörsdorf auf wenig Interesse. Gemeinsam mit Oehnas Ortschronist Karlheinz Niendorf hat er nach Angaben von Zeitzeugen die Tragödie aufgearbeitet, die sich in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges in Oehna abgespielt hat.

In den Tagen um den 20. April 1945 herum wurde Oehna kampflos von der Roten Armee eingenommen. Der Ort war eine Durchmarschstation. Die Soldaten wurden bei der Bevölkerung einquartiert. Dabei blieb es nicht friedlich. Zu den brutalen Taten der Besatzerarmee gehörten nicht selten Vergewaltigungen. Eines Tages, so haben Augenzeugen berichtet, drangen betrunkene Soldaten in ein Haus ein, um eine Frau zu missbrauchen. Doch ein dort wohnender russischer Soldat wollte sie aufhalten. Es kam zum Gerangel. Ein Schuss fiel. Sie hatten ihren eigenen Kameraden erschossen – und das machte sie wahrscheinlich wieder nüchtern. Sie mussten ihre Tat vertuschen. Also behaupteten sie, es habe sich um einen Überfall des Volkssturmes gehandelt, der gerächt werden müsse. In der Folge wurden wahllos Männer herbeigeschafft und auf dem Bahnsteig erschossen. Unter vielen Oehnaern setzte Panik ein. Es kam sogar zu Selbstmorden. So tötete der Bahnhofsvorsteher von Oehna erst seine Frau und sein  e Kinder, dann seine Schwägerin und deren Kinder, um sich zum Schluss selbst das Leben zu nehmen.

Einer der Augenzeugen war Gerhard Nieth. Er musste als kleiner Junge die Erschießung seines Vaters miterleben. „Ich möchte, dass mein Vater eine würdige Grabstätte auf dem Oehnaer Friedhof bekommt“, habe er mehrfach gegenüber Henrik Schulze gesagt und ihm von den Geschehnissen berichtet. Die Erfüllung seines Wunsches kann er nicht mehr erleben, da er kürzlich verstorben ist.

Mittlerweile sind alle Beteiligten an Oehnas Bahnhof eingetroffen. Im Vorraum des Stellwerks beraten sie über das beste Vorgehen – mit unterschiedlichen Meinungen. Während Möbius, Breithaupt und Kozlowski wie Schulze eine Umbettung erreichen wollen, steht Ortschronist Niendorf der Sache eher ablehnend gegenüber. Außerdem sind rechtliche Vorgaben zu beachten, wie Breithaupt sagt. So müsse der Grundstückseigentümer gefunden werden und seine Zustimmung zu Sondierungsgrabungen geben. Da sich das Grab mit mindestens vier Männern und einer Familie auf privatem Grund befindet, gilt es eigentlich nach 25 Jahren als aufgelassen. Nur anerkannte Kriegsgräber haben keine zeitliche Begrenzung. Dabei ist bekannt, dass die Stelle bis 1960 gepflegt worden sein soll. Es soll auch ein Blumenrondell in der Mitte der Gräber existiert haben, wie sich verschiedene Oehnaer erinnern. Auch heute noch macht das Areal den Eindruck, als habe jemand es einmal gepflegt

Für Umbetter Kozlowski steht fest, dass etwas unternommen werden muss: „Diese Menschen haben ein Anrecht auf eine gesegnete Beerdigung. Sie sollte ortsnah erfolgen.“ Der Volksbund will sich um das weitere Vorgehen kümmern. Dabei hoffen Breithaupt und Kozlowski auf die Unterstützung der Gemeinde Niedergörsdorf, des zuständigen Pfarrers und der Politik. Unterstützung hat die CDU signalisiert. Die Landtagsabgeordneten Sven Petke und Danny Eichelbaum sowie die Ortsvorsitzende Karin Mayer haben sich bereits einweihen lassen. (Von Michael Helm)

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 16.09.2010

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