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Trotz Fluchtgefahr auf freiem Fuß - Die Brandenburger Justiz muss zwei vorbestrafte Sexualstraftäter aus der Haft entlassen, weil ihre Verfahren nicht rechtzeitig abgeschlossen wurden

Genau davor hatten Berufsverbände, Richter, Staatsanwälte und die Opposition im Landtag Brandenburg gewarnt. Jetzt sind zwei vorbestrafte Sexualstraftäter trotz Fluchtgefahr vor Beginn ihres Strafprozesses in Cottbus aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil Fristen für den Prozess überschritten waren. Einer von ihnen sei seit dem 20. Oktober auf freiem Fuß, sagte der Sprecher des Oberlandesgerichts (OLG) in Brandenburg, Ulrich Zwick, am Mittwoch. Der Prozess gegen ihn läuft seit 5. November. In dem anderen Fall wartet der Mann seit dem 19. November in Freiheit auf den Beginn seines Prozesses im Januar.

Wie der RBB berichtete, weiß die Staatsanwaltschaft im Moment nicht, wo er sich aufhält. Beide Männer sind einschlägig vorbestraft und aktuell wegen des mehrfachen Missbrauchs von Kindern angeklagt.

Untersuchungshaft darf in der Regel laut Strafprozessordnung nicht länger als sechs Monate dauern, solange es keine schwerwiegenden Gründe für eine längere Haftzeit gibt. Laut Paragraph 121 der Strafprozessordnung darf sie nur länger als sechs Monate dauern, "wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen".
Das OLG hat aber beschlossen, dass dies im Fall der beiden Sexualstraftäter nicht zutrifft. Deshalb mussten die beiden Angeklagten entlassen werden. Einer der beiden Männer saß bereits neun Monate in Haft, der andere länger als ein halbes Jahr. Beiden Männern wird nach Angaben von Zwick sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen. Es sind die beiden einzigen Häftlinge, die in diesem Jahr nach Entscheidung des OLG wegen überschrittener Fristen aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. In 50 weiteren Fällen sprachen sich die Richter für längere Untersuchungshaft aus.

Im aktuellen Fall habe das OLG anhand der Verfahrensakten abwägen müssen, welche Rechte überwiegen. Dabei spiele die Schwere der Tat eine Rolle und die Persönlichkeit der Angeklagten, sagte OLG-Sprecher Zwick dem RBB. "In diesen Fällen ist der Senat zu der Auffassung gekommen, dass die Rechte des Angeklagten hier vorzuziehen sind."

Verfahren, in denen es um in Haft sitzende Angeklagte geht, müssen von Gerichten vorrangig bearbeitet werden. Die Regel, vor Ende von sechs Monaten zu eröffnen, konnte in diesem Fall nicht eingehalten werden. Zwick sagte dem RBB: "Wir haben am Landgericht Cottbus zurzeit eine schwierige Situation aus zwei Gründen: Auf der einen Seite ist auf dem Bereich der schweren Kriminalität und vor allen Dingen auch im Bereich des sexuellen Missbrauchs mit Kindern ein Anstieg von Verfahren zu verzeichnen, der so nicht vorhersehbar war." Zum anderen sei in der zuständigen Kammer am Landgericht Cottbus der Vorsitzende Richter seit April dauerhaft erkrankt.
Nach Ansicht des rechtspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum, ist Personalmangel in der Justiz Grund für die Entlassungen aus der Untersuchungshaft vor Prozessbeginn. Richter und Staatsanwälte litten unter Stellenabbau und Personalmangel, die aus der "katastrophalen Personalpolitik" von Justizminister Helmuth Markov (Linke) resultieren würden. Damit trage Markov die Verantwortung für die Entlassung der beiden Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft. Bei beiden Angeklagten würde Fluchtgefahr bestehen. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Straftaten begangen werden könnten. Vor dieser Entwicklung aufgrund der verfehlten Personalpolitik der Landesregierung habe die CDU-Fraktion seit Monaten gewarnt.

Der von Rot-Rot beschlossene Stellenabbau in der Justiz führe nicht nur zu längeren Gerichtsverfahren, sondern nun auch zu Entlassungen von Schwerverbrechern. Markov dürfe es nicht länger hinnehmen, dass Strafprozesse in Brandenburg aufgrund von Personalmangel platzen. "Wir benötigen dringend mehr Richter und Staatsanwälte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit", sagte Eichelbaum.

Justizminister Helmuth Markov (Linke) wies den Vorwurf der Opposition zurück. "Es gibt vielfältige Gründe, warum manche Verfahren nicht fristgemäß beginnen, die nichts mit einem strukturellen personellen Mangel zu tun haben", erklärte Markov. Die Zahl der Richterinnen und Richter an den Landgerichten sei mit der Zahl der eingehenden Fälle abgestimmt. In diesem Jahr seien voraussichtlich weniger Fälle bei den Landgerichten eingegangen als im Vorjahr. "Die Situation wird sich daher voraussichtlich weiter entspannen", meinte der Minister.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 17.12.2015

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