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30 700 Altfälle unbearbeitet - Überlastete Sozialgerichte schlagen Alarm

In Brandenburg blieben 2017 mehr als 30 700 Verfahren liegen - obwohl die Zahl neuer Fälle zuletzt abgenommen hat. Die neue Präsidentin fordert deshalb mehr Personal.

Potsdam - Tausende Brandenburger warten seit Jahren auf Gerichtsentscheidungen zur Rente, Hartz IV oder Krankenversicherung. Fast 5000 unerledigte Verfahren, die älter als drei Jahre sind, harren an den vier Brandenburger Sozialgerichten in Potsdam, Cottbus, Neuruppin und Frankfurt (Oder) der Bearbeitung. Insgesamt bekamen im Vorjahr 30 725 Bürger keine richterliche Entscheidung bei Fragen, die ihre Existenz betreffen. Die Lage der Sozialgerichtsbarkeit sei besorgniserregend, warnte die neue Präsidentin des Landessozialgerichts, Sabine Schudoma, am Dienstag in Potsdam.

Der Grund für den überhohen Aktenberg sei Personalmangel. Seit 2015 seien rechnerisch rund zehn Richterstellen abgebaut worden. „Die vier Gerichte müssten etwas ein Jahr und acht Monate schließen und ausschließlich bis zum 31. Dezember 2017 eingegangene Verfahren bearbeiten, um den gesamten derzeitigen Aktenberg abzutragen“, so Schudoma, die von der rot-roten Landesregierung „zeitnah und nachhaltig“ mehr Personal fordert. Aktuell gebe es an den Sozialgerichten 67 Richterstellen. Im Durchschnitt landeten in Brandenburg auf jedem Sozialrichtertisch 480 unerledigte Fälle – 100 mehr als im Bundesschnitt.

Die Situation sei angespannt, räumt der Sprecher des Brandenburger Justizministeriums, Uwe Krink, ein. Wenn man die Zahl der Verfahrenseingänge betrachte, sei die Personalausstattung an den Sozialgerichten aber „auskömmlich“, sagte er auf PNN-Anfrage.

Ein gravierendes strukturelles Problem - trotz weniger Neufällen

Tatsächlich müssen die Sozialgerichte weniger neue Fälle bearbeiten als in früheren Jahren. So gingen im vergangenen Jahr 17 647 neue Klagen und Eilanträge ein, darunter etwa 9172, bei denen es um Hartz IV geht. 2014 waren es noch insgesamt 22 991 neue Streitsachen. Der Rückgang der Verfahren sei unter anderem durch eine mittlerweile konsolidierte Rechtsprechung der Obergerichte bei vielen Detailproblemen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erklären, sagte Schudoma. Im Vorjahr seien so mehr Fälle erledigt worden als Neueingänge hinzukamen. 18 698 Verfahren wurden bearbeitet. Dennoch haben die Sozialgerichte laut Schudoma „ein gravierendes strukturelles Problem“ mit den über Jahre angehäuften Altfällen. Besonders hoch ist der Aktenstapel in Cottbus, gefolgt von Frankfurt (Oder), Potsdam und Neuruppin.

Um die Altfälle abzuarbeiten, seien im Vorjahr drei Richter auf Probe entsandt worden, so Ministeriumssprecher Uwe Krink. In diesem Jahr stehe eine ProbeRichterin zusätzlich zur Verfügung.

Die Sozialgerichtsbarkeit werde von der rot-roten Landesregierung kaputt gespart, kritisiert hingegen der rechtspolitische Sprecher der oppositionellen CDU-Fraktion, Danny Eichelbaum. „Leidtragende dieser verantwortungslosen Personalpolitik sind die Pflegebedürftigen, die Kranken und die sozial Benachteiligten, die immer länger auf gerichtliche Entscheidungen warten müssen.“ Auch im Nachtragshaushalt, über den am heutigen Mittwoch im Potsdamer Landtag beraten wird, werde nicht eine einzige neue Stelle in der Justiz geschaffen. In den nächsten Jahren werde sich die Personalsituation an allen Gerichten durch den Eintritt von 700 Richtern in den Ruhestand zusätzlich verschärfen, so Eichelbaum, der deshalb die Abschaffung der Zwangspensionierung fordert. Viele Richter wollten auch über das Pensionierungsalter hinaus arbeiten, „dürfen aber nicht, weil das Brandenburger Richtergesetz eine Altershöchstgrenze von 67 Jahren vorsieht“, so der CDU-Politiker. (von Marion Kaufmann mit dpa)

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 31.01.2018

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