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Neues aus den Anstalten - In den kommenden Wochen entscheidet sich die Zukunft der Brandenburger Gefängnisse

Was genau an Brandenburgs Häftlingszahlen nicht stimmt, kann Willi Köbke auch nicht sagen. Normal sei das jedenfalls nicht, meint der Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD). „Normal wäre, wenn auf hunderttausend Brandenburger 90 Häftlinge kämen“, sagt er. „Das ist der Bundesschnitt.“ Es sind aber nur rund 65. Sind die Richter zu schlaff, die Brandenburger Anzeigenmuffel, oder ist das Land schlicht eine Insel der Friedfertigen? Willi Köbke weiß es nicht. Klar ist nur: Brandenburgs Gefängnislandschaft ist überdimensioniert. Und das bereitet Willi Köbke Sorgen.

Die vor rund zehn Jahren vom damaligen Justizminister Kurt Schelter (CDU) getroffene Prognose, wonach in Brandenburg heute rund 2700 Häftlinge einsitzen würden, hat sich als falsch erwiesen. Knapp 70 Prozent der rund 2100 Haftplätze sind belegt (siehe Kasten). Den Ausbau der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel hat Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) daher gestoppt. Doch auch ohne die Erweiterung bleibt das märkische Knastangebot zu großzügig.

Die CDU hält eine Stilllegung eines der sechs Gefängnisse im Land für die logische Konsequenz. Auch in der SPD gibt es solche Überlegungen. Justizminister Schöneburg hält sich bislang noch bedeckt. Zu bedeckt, wie der Rechtspolitiker Danny Eichelbaum (CDU) findet. „Er muss endlich ein Vollzugskonzept vorlegen“, fordert er. Erst dann könne man entscheiden, ob vielleicht auch die Stilllegung einzelner Gefängnistrakte möglich wären. Dies fordert etwa auch Gewerkschafter Köbke. Standortschließungen lehnt er ab. Schließlich, so seine Befürchtung, würde sich mit einer Stilllegung weiterer Personalabbau trefflich begründen lassen.

Der Justizminister wolle nichts von oben dekretieren, heißt es im Ministerium. Schöneburg hat daher eine Arbeitsgruppe, der unter anderem die Leiter der märkischen Haftanstalten angehören, mit der Entwicklung eines Vollzugszenarios beauftragt. Vergangene Woche legten sie im Ministerium erste Ergebnisse vor. Der Minister werde sich auf dieser Basis „zeitnah“ entscheiden, heißt es. Nicht unwahrscheinlich, dass ein Knast am Ende dran glauben muss. Eine Bestandsgarantie für alle sechs Gefängnisstandorte „auf lange Sicht“ – also über die Legislaturperiode hinaus – hat Schöneburg jedenfalls nicht gegeben.

Gewerkschafter Willi Köbke setzt derweil auf den von Schöneburg stets betonten hohen Resozialisierungsanspruch. Moderner Behandlungsvollzug, meint Köbke, setze Gefängnisse voraus, die auf Tätergruppen und deren Bedürfnisse spezialisiert sind. Eine eigene Anstalt für Jugendliche, eine für Frauen, eine für Ersttäter, eine mit speziellen Therapieangeboten für Süchtige, eine mit besonderen Kompetenzen im Umgang mit Gewalttätern und so fort. „Wenn ich spezialisieren will, brauche ich alle sechs Standorte“, meint Köbke.

Doch auch dieser Ansatz hat seine Tücken. Man könnte beispielsweise den offenen Vollzug auf eine Anstalt konzentrieren und damit Personal entlasten. Doch diese Zentralisierung würde dem Resozialisierungsprinzip der Wohnortnähe im offenen Vollzug widersprechen.

Die Wohnortnähe ist es auch, welche die Kooperation mit Berlin blockiert. Dort quellen die Gefängnisse zwar förmlich über, im Häftlingsexport nach Brandenburg sieht man jedoch keine Alternative. Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) verweist auf ein Urteil des Kammergerichts, wonach Häftlinge wohnortnah unterzubringen seien. Minister Schöneburg hat es inzwischen entnervt aufgegeben, Berlin die märkischen Kapazitäten schmackhaft zu machen.

Also baut Berlin selbst ein Gefängnis auf märkischem Grund – in Großbeeren (Teltow-Fläming). Damit, glaubt CDU-Mann Eichelbaum, ist die Entscheidung im Prinzip getroffen. „Wenn keine Zusammenarbeit mit Berlin gelingt, wird Schöneburg um eine Schließung einer Haftanstalt wohl nicht herumkommen“, sagt er. (Von Torsten Gellner)

 

Überdimensionierte Gefängnislandschaft

 

In den sechs Justizvollzugsanstalten (JVA) im Land sind derzeit von 2123 Haftplätzen lediglich 1482 belegt:

 

* Brandenburg an der Havel: 298 Plätze belegt (Kapazität: 413)

* Cottbus-Dissenchen: 438 (600)

* Frankfurt (Oder): 102 (155)

* Luckau-Duben: 304 (449)

* Wulkow: 228 (300)

* Wriezen: 112 (206)

 

Damit liegt Brandenburg mit rund 65 Häftlingen pro hunderttausend Einwohnern deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 90 Inhaftierten auf hunderttausend Einwohnern.

Unter dem damaligen Justizminister Kurt Schelter (CDU) war vor rund zehn Jahren ein völlig anderes Szenario entworfen worden. Demnach sollten heute rund 2700 Plätze belegt sein. Der Ausbau der Gefängnislandschaft wurde zwar entsprechend der realen Entwicklung immer wieder korrigiert. Dennoch gibt es heute ein deutliches Überangebot an Haftplätzen. gel

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 30.12.2010

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