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Wirbel um Trojaner: Zweiter Einsatz in Brandenburg

Der Einsatz der umstrittenen Trojaner-Software in Brandenburger Ermittlungsverfahren sorgt in der Landespolitik für Wirbel. Innen-Experten verschiedener Parteien forderten am Dienstag umfangreiche Stellungnahmen von Innen- und Justizministerium. Dienstagabend räumte das Justizministerium ein, dass in einem weiteren staatsanwaltlichen Verfahren ein Spionageprogramm eingesetzt wurde.

Das Brandenburger Innenministerium hat den Einsatz des Trojaners verteidigt. Die Software sei im rechtlichen Rahmen eingesetzt worden, betonte ein Ministeriumssprecher gestern. Es habe eine richterliche Genehmigung vorgelegen. Dies bestätigt das Justizministerium. Dort wird darauf verwiesen, dass die Software ausschließlich zur Überwachung von Internet-Telefonaten eingesetzt worden sei. Es sei „technisch ausgeschlossen“, dass andere Daten ausgespäht worden seien, so ein Sprecher.

Nach MOZ-Informationen handelt es sich bei dem zuerst bekanntgewordenen Fall um ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), die gegen einen mit internationalem Haftbefehl gesuchten Verdächtigen wegen eines Finanzdelikts ermittelt. In Fahndungsmaßnahmen war die Brandenburger Polizei involviert. Diese habe aber die Software selbst nicht eingesetzt, sondern hierfür eine Bundesbehörde um Amtshilfe gebeten, so der Sprecher des Innenressorts. Der zweite bislang bekannte Einsatz eines Staats-Trojaners Ende 2010 betraf ein Ermittlungsverfahren gegen eine Bande von Arzneimittelfälschern, das von der Staatsanwaltschaft Potsdam geführt wird. Ob die Späh-Software in weiteren Fällen angewandt wurde, werde geprüft, hieß es im Justizministerium.

Bei den Parteien im Landtag stößt die Schnüffelei auf heftige Kritik. „Es darf keine unkontrollierte Onlineüberwachung in Brandenburg geben“, sagte der CDU-Innenexperte Danny ?Eichelbaum. Die Brandenburger Datenschutzbeauftragte müsse untersuchen, ob der Einsatz der Trojaner rechtswidrig war. Die Rechtsexpertin der Grünen, Sabine Niels, forderte die Landesregierung auf, „Ross und Reiter zu benennen“.

Auch die Landesdatenschutzbehörde erwartet eine Stellungnahme vom Innenministerium. Es müsse geklärt werden, was die Software genau bewirkt habe, sagte ein Sprecher. Wilfried Hamm von der Neuen Richtervereinigung verweist auf die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen sehr begrenzten Einsatzmöglichkeiten. „Die Gefahr für die Allgemeinheit muss schon konkret sein.“

 

Hintergrund

Ein Trojaner ist ein Computervirus, der durch ein spezielles Programm in die Lage versetzt wird, bestimmte Aktionen auszuführen – ohne dass es der Computerbesitzer merkt. Trojaner können Passwörter ausspähen, den Inhalt des Bildschirms fotografieren und vieles mehr. Die Programme können unter anderem per E-Mail auf einen Computer eingeschleust werden.

Für den Einsatz von Trojanern gelten sehr enge Grenzen. Bei der Bekämpfung von Straftaten dürfen sie in den allermeisten Fällen nicht eingesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom Februar 2008 festgelegt, dass eine Online-Durchsuchung nur dann vorgenommen werden darf, wenn „überragend wichtige Rechtsgüter“ wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet sind.

Quelle: Märkische Oderzeitung, 12.10.2011

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