Gestörte Kommunikation - Die Zeichen für einen gemeinsamen Jugendarrest von Berlin und Brandenburg stehen schlecht. In Potsdam sucht man Alternativen

Potsdam - Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Linke) und Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) werden wohl keine Freunde mehr. Allen Beteuerungen zum Trotz steht es um die Zusammenarbeit der Justiz beider Länder alles andere als gut - trotz gemeinsamer Obergerichte. Denn nun droht der gemeinsame Jugendarrest zu scheitern.

Die Diagnose vom Rechtsexperten der CDU-Landtagsfraktion Danny Eichelbaum lautet: "Wieder einmal funktioniert auf dem Gebiet der Rechtspolitik die Kommunikation zwischen Senat und Landesregierung nicht, eine Partnerschaft sieht anders aus." Eichelbaum forderte, Markov müsse das Projekt zur Chefsache machen, manchmal reiche es auch, zum Telefon zu greifen. Doch nicht einmal das scheint derzeit noch möglich zu sein. Am Dienstag erst lancierte das Justizministerium die Nachricht, dass Heilmann am Rande einer Veranstaltung in Berlin gesagt habe, in der laufenden Berliner Legislatur, also bis zur Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2016, werde es nichts mehr mit dem Staatsvertrag.

Das bekräftigte auch Brandenburgs Justizstaatssekretär Ronald Pienkny am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtags erneut : "Die Kommunikation war eindeutig." Heilmanns Sprecherin hatte bereits zu Wochenbeginn widersprochen, man halte an dem Projekt fest. "Es gibt kein Interesse daran, dass es nicht funktioniert", sagte sie. Dann, kurz vor der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses im Landtag und auch im Abgeordnetenhaus am Mittwoch, erneuerte Heilmann seine Zusage in einem Schreiben an Markov. Das bestätigte Justizstaatssekretär Pienkny, sprach aber von einem Sinneswandel auf Berliner Seite. Nach PNN-Informationen hat Heilmann von einem Missverständnis gesprochen. Soll heißen: Entweder hat sich Heilmann unklar ausgedrückt oder Markov hat nicht richtig zugehört - oder es missverstehen wollen. In Berlin heißt es, Heilmann habe Markov freundlich darauf hinweisen wollen, dass sich beide beeilen müssten, wollten sie den Staatsvertrag bis zu den Berliner Wahlen im Herbst 2016 unter Dach und Fach bringen.

Der Abstimmungsaufwand ist groß, das Ratifizierungsverfahren komplex. Aber Heilmann sicherte Markov zu, dass Berlin Jugendliche in den Jugendarrest in Berlin-Lichtenrade aufnehmen will, egal ob mit Staatsvertrag oder über eine Verwaltungsvereinbarung. In jedem Fall würde das Brandenburger Gesetz für den Jugendvollzug angewendet. Wobei Berlin einen Staatsvertrag nicht für nötig hält, eine Verwaltungsvereinbarung für ausreichend. Brandenburg sieht das genau anders. In Berlin gilt das alte, restriktive Bundesrecht aus den 1970er-Jahren. Brandenburgs Vollzugsgesetz für den Jugendarrest, ein Erbe von Ex-Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke), ist liberaler und stärker auf die pädagogische Betreuung ausgerichtet. Um das auch in Lichtenrade durchzusetzen, hält das Justizressort in Potsdam einen Staatsvertrag für zwingend notwendig, wie Pienkny betonte.

Er äußerte sich optimistisch, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen werde. Schöneburg, nun Landtagsabgeordneter und Mitglied im Rechtsausschuss, kommentierte knapp: "Ich bin da skeptisch." Nach bisherigen Plänen sollten in der Einrichtung in Lichtenrade ab 2016 auch 20 straffällige Jugendliche aus Brandenburg untergebracht werden. Brandenburg verzichtete daher auf den Neubau einer Arrestanstalt in Königs Wusterhausen für 5,2 Millionen Euro als Ersatz für die bestehende Containerunterbringung. Nach PNN-Recherchen stößt ein gemeinsamer Jugendarrest im Potsdamer Justizministerium derzeit auf wenig Gegenliebe. Berlin will, dass Brandenburg 20 Plätze bezahlt, die Zahl der ständig mit Arrest belegten Jugendlichen in Brandenburg sank aber von durchschnittlich 15 im Jahr 2009 auf zuletzt 8. Nötig sind aus Brandenburger Sicht daher nur zehn ständige Plätze. Deshalb gibt es nach PNN-Informationen im Justizressort konkrete Überlegungen, den Jugendarrest an die Haftanstalt Wriezen anzugliedern, wo jugendliche und heranwachsende Straftäter inhaftiert sind. Pienkny dementierte nicht, er sagte: "Wir denken über ganz viele Alternativen nach." Alexander Fröhlich

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 13.02.2015